“Der verzauberte Drache” – Gruselgeschichte für Kinder

Leon staunt nicht schlecht, als sein selbst gebastelter Papierdrache plötzlich zum Leben erwacht. Es ist Halloween, Vollmond und die Magie dieser Nacht hat seinen Wunsch erfüllt. Der Drache will fliegen und schon beginnt ein unvergessliches Abenteuer. Gemeinsam heben sie ab, drehen wilde Runden über das Dorf und genießen die Freiheit der Lüfte. Doch wie lange hält der Zauber an?
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Der verzauberte Drache
„He, du! Wach auf! Los, mach schon endlich die Augen auf!“
Leon drehte sich auf die andere Seite, gähnte herzhaft und hoffte, dass dieser blöde Traum endlich aufhörte.
„Mensch, nun wach schon auf, sonst mach ich dir Feuer unter dem Hintern!“ Aber die Stimme war so laut und wollte gar nicht aufhören, ihn zu nerven. „Los, jetzt steh schon auf! Ich sehe ja, dass du wach bist!“
Leon setzte sich in seinem Bett auf, tastete nach der Nachttischlampe und rieb sich – geblendet vom Licht – die Augen. Doch dann staunte er nicht schlecht: In seinem Zimmer war ein Drache!
Leon rieb sich noch einmal die Augen und kniff sich vorsichtshalber auch noch in den Arm – aber tatsächlich: Ein grün geschuppter Drache mit gelben Augen und einem roten Schwanz schaute ihn grimmig an, während er Qualmwolken ausschnaubte.
„Was guckst du denn so erstaunt? Du tust ja gerade so, als hättest du noch nie einen Drachen gesehen! Dabei hast du mich doch selbst gemacht!“
Leon überlegte: Er hatte am Nachmittag einen Drachen gebastelt. Aber der war natürlich aus Papier, Holz und Leim gewesen – eben ein ganz normaler Papierdrachen. Doch vor ihm saß nun ein Feuerdrache und sprechen konnte er noch dazu! Trotzdem hatten sie Ähnlichkeit miteinander: Sie waren beide grün und der Feuerdrache hatte genauso leuchtend gelbe Augen wie Leons Papierdrache. Als Schwanz hatte Leon rote Krepppapierecken gefaltet und der Feuerdrache hatte auch einen langen, roten, gezackten Schwanz.
Leon hatte abends den Papierdrachen auf den Schrank gelegt. Am Montag wollten sie gemeinsam mit der Klasse einen Ausflug machen und die Schüler durften bei Bauer Hans auf dem Stoppelfeld ihre selbst gebastelten Drachen steigen lassen.
„Hast du jetzt genug geglotzt?“, fragte der Drache frech.
„Okay …“, Leon fand es sehr merkwürdig, sich mit einem Drachen zu unterhalten, „du siehst meinem Drachen schon etwas ähnlich. Aber du bist kein Papierdrache. Also: Wo kommst du her?“
„Ich bin der Drache, den du gebastelt hast, aber ich bin es auch nicht. Ich bin verzaubert worden. Heute ist Halloween und noch dazu Vollmond. Und als du mich gestaltet hast, da hast du dir in Gedanken gewünscht, dass ich ein richtiger Drache wäre. Und jetzt bin ich ein richtiger Drache. Allerdings gilt die Verwandlung nur für die eine Stunde von Mitternacht bis ein Uhr. Und jetzt es schon Viertel nach zwölf! Also, mach schnell! Steh auf und lass mich raus!“, rief der Drache aufgebracht.
„Wieso willst du denn nach draußen?“, fragte Leon.
„Weil ich fliegen will!“, rief der Drache, schlug mit seinem Schwanz und stieß wieder Qualm aus, der diesmal sogar aus seinen Ohren stieg.
Schnell zog sich Leon Schuhe an und schlüpfte in eine Jacke. „Pst! Du musst aber leise sein, damit Mama und Papa nicht aufwachen!“
Leise schlichen die beiden durch den Flur. Leon drehte den Schlüssel der Haustür um, schob den Riegel zurück, öffnete die Tür und beide gingen nach draußen.
Der Mond schien hell über dem dunklen Garten. Die kahlen Bäume streckten ihre Zweige in den Himmel. Der Drache flatterte ein paarmal mit seinen kleinen Flügeln und erhob sich schwerfällig in die Luft. Doch dann fiel ihm das Fliegen immer leichter und er drehte Kapriolen, flog auf dem Rücken, machte Sturzflüge, spie Feuer und hatte sehr viel Spaß.
Leon stand staunend vor der Haustür und musste lachen. Am liebsten wäre er mitgeflogen.
Da kam der Drache auch schon angesaust: „Komm, setz dich auf meinen Rücken! Halt dich aber gut fest!“
Leon kletterte auf den Drachen und schon ging die wilde Jagd los. Sie flogen tief über die Bäume und den Garten, stiegen dann steil in den Himmel hinauf, drehten eine Runde um den Kirchturm und über die Dächer des Dorfes und sausten dann wieder zurück. Der Drache landete sanft vor der Haustür.
„Das hat sehr viel Spaß gemacht“, lachte Leon und kletterte von dem stacheligen Rücken herunter. „Können wir das noch einmal machen?“, fragte er und drehte sich um.
Doch da war kein Feuerdrache mehr. Sein selbst gebastelter Papierdrachen lag vor seinen Füßen. Leon hob ihn vorsichtig hoch.
„Leon, was machst du denn hier draußen?“ Sein Papa stand in der Tür. „Komm ins Bett! Den Drachen kannst du morgen steigen lassen!“
„Der kann ganz toll fliegen, Papa!“
„So?“, fragte Leons Vater erstaunt. „Es geht doch gar kein Wind.“
Ach, wenn du wüsstest, dachte Leon, drückte den Papierdrachen an sich und lächelte.